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Neues Gesetz stärkt Justizstandort Deutschland: Einführung von Commercial Courts und Englisch als Gerichtssprache | Hogan Lovells

Am 4. Juli 2024 verabschiedete der Bundestag das Gesetz zur Stärkung des Justizstandortes Deutschland. Es führt Commercial Courts und Englisch als Gerichtssprache in der Zivilgerichtsbarkeit ein, um die Attraktivität Deutschlands für internationale Wirtschaftsstreitigkeiten zu erhöhen. Das Gesetz reagiert auf die begrenzten Verfahrensmöglichkeiten der deutschen Gerichtsbarkeit bei großen Wirtschaftsstreitigkeiten und die Abwanderung solcher Fälle ins Ausland oder in die Schiedsgerichtsbarkeit. Die Bundesländer können nun Commercial Courts für Verfahren ab einem Streitwert von 500.000 Euro einrichten. Parteien können Englisch als Gerichtssprache wählen. Zusätzlich verbessert das Gesetz den Schutz von Geschäftsgeheimnissen. Diese Maßnahmen sollen die Effizienz und Qualität der Verfahren steigern und Deutschland als bevorzugten Standort für internationale Wirtschaftsstreitigkeiten etablieren.

Am 4. Juli 2024 hat der Bundestag das Gesetz zur Stärkung des Justizstandortes Deutschland durch Einführung von Commercial Courts und der Gerichtssprache Englisch in der Zivilgerichtsbarkeit („Justizstandort-Stärkungsgesetz“) verabschiedet. Ziel des Gesetzes ist es, den Justizstandort Deutschland durch die Einführung von sog. Commercial Courts und der Gerichtssprache Englisch in der Zivilgerichtsbarkeit zu stärken. Das Gesetz ist eine Reaktion auf die begrenzten und nicht mehr zeitgemäßen Verfahrensmöglichkeiten der deutschen ordentlichen Gerichtsbarkeit bei großen Wirtschaftsstreitigkeiten. Es soll der zuletzt beobachteten Abwanderung von Wirtschaftszivilsachen in die Schiedsgerichtsbarkeit oder ins Ausland entgegentreten. Der neuen Regelung waren Pilotprojekte bei verschiedenen Gerichten Deutschlands, insbesondere auch in Stuttgart beim Landgericht vorausgegangen, wo sich der Commercial-Court einen sehr guten Ruf erarbeitet hat. Die Unzulänglichkeiten des deutschen AGB-Rechts im internationalen Vergleich geht es allerdings nicht an.

Hintergrund

Die Bundesregierung sieht die Notwendigkeit, die Verfahrensmöglichkeiten in der deutschen Gerichtsbarkeit zu erweitern, um den Wirtschaftsstandort attraktiver zu gestalten. Wirtschaftsstreitigkeiten werden zunehmend in anderen Ländern oder durch private Schiedsgerichtsbarkeit entschieden. Um diesem Trend entgegenzuwirken, sollen den Ländern Möglichkeiten gegeben werden, die Verfahrensführung zu modernisieren und attraktiver zu gestalten.

Gesetzesinhalte

Das Justizstandort-Stärkungsgesetz ermächtigt die Bundesländer, Commercial Courts an Oberlandesgerichten oder Obersten Landesgerichten einzurichten. Diese Gerichte sollen für Wirtschaftszivilverfahren ab einem Streitwert von 500.000 Euro zuständig sein. Diese Zuständigkeit gilt insbesondere für bürgerliche Streitigkeiten zwischen Unternehmen oder Streitigkeiten aus dem Bereich des Unternehmenskaufs oder der Organhaftung, sofern sich die Parteien einig sind, diesen Gerichtsweg einzuschlagen. Um Spezialisierungen der neuen Commercial Courts zu ermöglichen und hochwertige Jurisprudenz sicherzustellen, erhalten die Landesregierungen gemäß § 119b Abs. 1 Satz 2 GVG n.F. weitere Befugnisse. Sie können die Zuständigkeit der Commercial Courts auf bestimmte Sachgebiete beschränken.

Wünschen beide Parteien die Verhandlung in englischer Sprache, wird das Verfahren entsprechend geführt; andernfalls bleibt die Gerichtssprache Deutsch. Die einmal gewählte Gerichtssprache gilt dann sowohl für die erste Instanz als auch für die Revision zum Bundesgerichtshof, soweit dieser einverstanden ist. Der Commercial Court ist verpflichtet, bereits zu Beginn des Verfahrens den Ablauf zu erörtern und gemeinsam mit den Parteien einen Verfahrensplan festzulegen. Diese Vorgabe orientiert sich an der im Bereich der Schiedsgerichtsbarkeit bekannten und bewährten sog. Case-Management-Konferenz und soll zur Effizienz des Verfahrens beitragen und die Verfahrenssteuerung verbessern. Schließlich haben die Parteien das Recht auf übereinstimmenden Antrag, ein mitlesbares Wortprotokoll einzufordern, was die Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Verhandlungen unterstützen soll.

Ausschluss bestimmter Rechtsgebiete

Zum Schutz von Minderheitsaktionären kann die Zuständigkeit der Commercial Courts nicht in bestimmten gesellschaftsrechtlichen Beschlussmängelklagen begründet werden. Vom Anwendungsbereich des § 119b Absatz 1 ausdrücklich ausgenommen werden zudem Streitigkeiten auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes, des Urheberrechts sowie Ansprüche nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Hintergrund ist, dass diese Bereiche nach Ansicht des Gesetzgebers bereits über spezialisierte und international anerkannte Rechtsprechungsexpertise verfügen. Hierdurch soll eine Zersplitterung der Rechtsprechung verhindert werden und bewährte bestehende Strukturen bleiben unangetastet. Problematisch dürfte dies bei Sachverhalten mit Hilfsbegründungen werden, bei denen das ausgeschlossene Rechtsgebiet (wie zB das UWG) auch eine Rolle spielt. Hier sehen wir schon an der Schnittstelle zum Kartellrecht Probleme, weil es auch dort Sonderzuständigkeiten gibt, und Sachverhalte, die auch kartellrechtlich betrachtet werden können, damit meistens mit dem Zuständigkeitsstreit belastet sind.

Verfahrensrechtliche Neuerungen

Das Gesetz beabsichtigt zudem, die derzeit vorhandenen Lücken im Geschäftsgeheimnisschutz zu schließen. Zu diesem Zweck ermöglicht es den Parteien in der Zivilgerichtsbarkeit im Allgemeinen, d.h. nicht nur vor den Commercial Courts, auf Antrag die Öffentlichkeit bei Verhandlungen über Geschäftsgeheimnisse auszuschließen und den Verfahrensgegner zur Geheimhaltung zu verpflichten. In diesem Fall gelten die §§ 16 bis 20 des Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen entsprechend, die bislang lediglich auf Geschäftsgeheimnisstreitsachen anwendbar sind. Dies soll den Schutz sensibler Informationen gewährleisten und letztlich ebenfalls dazu beitragen, die Attraktivität der Gerichtsbarkeit für Wirtschaftsunternehmen in Deutschland zu erhöhen.

Ausblick

Das Justizstandort-Stärkungsgesetz zielt darauf ab, Deutschland als attraktiven Standort für Wirtschaftsstreitigkeiten zu (re-)etablieren. Durch die Einführung von Commercial Courts und die Möglichkeit, Verfahren in englischer Sprache zu führen, sollen internationale Unternehmen verstärkt nach Deutschland kommen und ihre Rechtsstreitigkeiten hier austragen. Das Gesetz ist ein wichtiger Schritt, um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Justiz im internationalen Vergleich zu erhöhen.

Es bleibt abzuwarten, ob die gesetzlichen Änderungen, die voraussichtlich zum 1. Januar 2025 in Kraft treten, die erwünschten Auswirkungen auf die Prozesseffizienz und -qualität haben werden und ob die Einführung von spezialisierten Gerichtsinstanzen tatsächlich zu einer schnelleren und fachlich versierteren Rechtsprechung führen wird. Dies wird davon abhängen, ob die Gerichte geeignete Richter und sächliche Ausstattung zur Verfügung stellen. Darüber hinaus sollte darüber diskutiert werden, ob zusätzliche Reformen im materiellen Recht, insbesondere im AGB-Recht auf den Weg gebracht werden können, um Deutschland als bevorzugten Standort für internationale Wirtschaftsstreitigkeiten noch attraktiver zu machen. Eine derartige Überprüfung der rechtlichen Rahmenbedingungen im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen in Kombination mit den nunmehr beschlossenen verfahrensrechtlichen Maßnahmen könnte nachhaltig dazu beitragen, dass mehr Unternehmen sich für das deutsche Rechtssystem und die hiesige staatliche Gerichtsbarkeit entscheiden und Deutschland weiterhin als führenden Standort im globalen Wirtschaftsrecht etablieren.

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Editorial Staff

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